AM HERZEN EUROPAS 3
JENISCHE REMINISZENZEN
GESCHICHTE(N), GEDICHTE
Herausgeber: Romedius Mungenast
Mitarbeit: Gerald Kurdoglu Nitsche
164 Seiten, broschiert
2001
Auflage: 500 Stück, € 19
ISBN 3-901735-06-2
Ein Lesebuch
von Jenischen und über Jenische
Geschichten, Essays, Gedichte, Märchen: Sieglinde Glatz, Oswald Perktold
Ludwig Steub, Raimund Jäger, Romedius Mungenast, Klaus Angerer, Albert Minder
Günter Danzer, Carl v. Lutterotti, Mariella Mehr, Graziella Wenger, Toni S. Pescosta
Peter Vonstadl, Gertraud Sauter, Thomas Huonker, Josef Fischer, Franz Jansky
Siegfried Kluibenschedl, G. K. Nitsche, Wolfgang Dietrich, Roman Spiss ...
Ein Bilderbuch
Matthias Schmid, Albert Stolz, Theo v. Hörmann, Herbert Danler
Johann Linser, René Minder, Sepp Schwarz
Simone Köfler und Martin Schauer ...
Klappentext und Seite 37, zum Vergrößern anklicken |
IM KARRNERWALDELE
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"Vogler Ball", Johann Linser, Imst, Bleistiftzeichnung aus dem Skizzenbuch (1877-78) |
Doch zurück zu den Nägeln - daran hatten die "Karrner" ihre Hunde angebunden, erinnerte sich mein Nachbar, und es fiel ihm auch noch ein: Gleich daneben war das "Zigeuner-Waldele", wo manchmal, auch daran erinnerte sich unser Freund, Roma mit herrlichen Pferden und Planwagen Station machten.
Als 13jähriger las ich das Buch "Die verlorene Handschrift" von Gustav Freytag und als Student der Germanistik entzündete mich in ähnlicher Weise die Existenz eines Fragments des Hildebrandlieds - ich wollte den Rest, das "missing link", finden und suchte später auf pergamentenen Umschlägen von alten Folianten in Klosterbibliotheken nach Spuren von Schrift und in Bücherbasare Istanbuls nach noch unbekannten Märchen, über die 1001. Nacht hinaus.
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"Aulandschaft", Theodor von Hörmann, Bleistiftzeichnung (ca. 1875) |
Die Zeit des Gedichtesammelns war erfüllt von sprachlichen Abenteuern und interessanten, unvergesslichen Begegnungen! Dabei stieß ich u.a. in nächster Nachbarschaft und ahnungslos, d.h. ohne zu wissen, dass es so etwas gibt, auf das Jenische und zugleich auf einen jenischen Dichter, Romedius Mungenast. Das Jenische, die literarische Einmann-Wenigerheit Romedius Mungenast, war ein wahrer Fund und das nicht nur für mich. Das Buch "Österreichische Lyrik - und kein Wort Deutsch" ist längst vergriffen, hat aber seine Wirkung getan, es wurde zu dem Standardwerk der Lyrik österreichischer Wenigerheiten und darin die Literatur der österreichischen Karrner, Laniger und Dörcher das erstemal präsentiert.
Seite 150/151, zum Vergrößern anklicken |
Jetzt gibt es sie nicht mehr, die Karrner, sie haben ihre fahrende Lebensweise notgedrungen aufgegeben, aber im alltäglichen Sprachgebrauch existieren sie immer noch - als Schimpfwort: "Du Karrner!" "Tercher" "Plachnfratzn" (Karrnerkinder) - und auch bei der Tiroler Fasnacht in Telfs, Tarrenz, Haiming und in Nassereith, dort 2001 als "Tiroler Landplage" apostrophiert.
Dieses Buch ist durch eine andere Einstellung zu den Jenischen bestimmt, nämlich durch eine persönliche Beziehung und daraus entstandene Wertschätzung, die über rein Literarisches weit hinausgeht. Jenische Kultur dürfte der Literatur-Fund der letzte Jahre gewesen sein und jenische Dichtung ist ein Hauptthema dieses Buches. Leider sind wir dabei auf das Erinnerungsvermögen nur mehr einiger weniger Sprachträger angewiesen, weil das Jenische nicht geschrieben wurde und keine der älteren Untersuchungen in Österreich es der Mühe wert fand, sich mit der Kultur der Jenischen zu befassen.
Ich danke Brigitte Nitsche, dass sie mir einen Freiraum schafft, in dem ich solchen Interessen nachgehen kann.
Grins bei Landeck, im Karrnerwaldele
Gerald Kurdoglu Nitsche